RITSUMEIKAN LAW REVIEW No.16 March 2000


Die alternde Gesellschaft und die Familie :
MoNglichkeiten und Grenzen der privaten Versorgung
der aNlteren Generation
 
 

Syuhei NINOMIYA







1. Zum Zustand von Versorgung und Pflege der aNlteren Generation in Japan

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@ a) Die aNltere BevoNlkerung und deren Versorgung und Pflege durch die Familie

@@@Im Jahre 1993 gab es ungefaNhr 16.9 Mio. Menschen uNber 65 Jahre, was einem Anteil von 13.5“ der GesamtbevoNlkerung entspricht. Davon waren 6.7 Mio., also 5.3“ der GesamtbevoNlkerung, aNlter als 75 Jahre. Nach SchaNtzungen von 1993 waren 900,000 alte Menschen bettlaNgerig, es gab 100,000 PflegefaNlle aufgrund von Altersschwachsinn, eine Million aNltere Personen mit gebrechlicher Konstitution und damit insgesamt zwei Millionen pflegebeduNrftige AN ltere.
@@@Betrachtet man die Lebensformen der AN lteren uNber 65 Jahre, so ist zwischen 1970 und 1993 der Anteil derjenigen, die mit ihren Kindern zusammenleben, von 79.6“ auf 56.4“ zuruNckgegangen, waNhrend der Anteil der nicht bei den Kindern lebenden Ehepaare von 11.7“ auf 28.2“ und der Anteil der allein lebenden AN lteren von 5.3“ auf 12.1“ stieg, womit die Anteile der beiden letzteren Lebensformen sich mehr als verdoppelten. Bei den uNber 80 jaNhrigen hingegen lag der Prozentsatz der bei den Kindern Lebenden auch 1993 noch bei 72.9“, was auf die starke Tendenz hinweist, im Krankheitsfalle zu den Kindern zu ziehen.
@@@Das durchschnittliche Einkommen aNlterer Haushalte betrug 1992 3,053 Mio. Yen. Dieses setzt sich in erster Linie aus dem Arbeitseinkommen (34.2“) und der Rente (52.2“) zusammen, Zuwendungen von den Kindern machen hingegen nicht mehr als 2.4“ aus. Allerdings gibt es bei den uNber 80 jaNhrigen, die eine sehr niedrige Rente beziehen, die Tendenz, sich durch das Zusammenleben auf die UnterstuNtzung durch FamilienangehoNrige zu verlassen.
@@@85.9“ der Pfleger fuNr aNltere bettlaNgerige Personen sind Frauen. 33“ der AN lteren werden vom Ehepartner ihres Kindes gepflegt, 27.9“ von ihrem eigenen Ehepartner und 20.6“ von ihrem eigenen Kind (1992). Da es sich groNƒÀtenteils um Frauen handelt, obliegt die haNusliche Pflege den SchwiegertoNchtern, Ehefrauen und ToNchtern.
@@@AuffaNllig ist auch das Alter der Pflegenden selbst. 27.2“ von ihnen sind 50 bis 59 Jahre, 27“ 60 bis 69 Jahre und 22“ uNber 70 Jahre alt. Die langen Pflegezeiten, die bei 47.3“ der BettlaNgerigen mehr als drei Jahre und bei 26.8“ ein bis drei Jahre betragen, werden somit von aNlteren Ehefrauen und bereits gealterten SchwiegertoNchtern und ToNchtern uNbernommen (1992).

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@ b) Versorgung und Pflege AN lterer im BewuƒÀtsein der BuNrger

@@@Auf eine Meinungsumfrage der Tageszeitung ‡Asahi Shimbunh von 1994, ob Kinder es als selbstverstaNndlich erachten, sich um ihre Eltern im Alter zu kuNmmern, antworteten 42“ mit ‡Jah und 53“ mit ‡Neinh . Im Vergleich zu einer zehn Jahre zuruNckliegenden Umfrage, als 54“ mit ‡Jah und 39“ mit ‡Neinh antworteten, hatte sich das VerhaNltnis umgekehrt.
@@@Eine Umfrage der Zeitung ‡Mainichi Shimbunh von 1994 zeigte jedoch, daƒÀ sich viele fuNr ihr eigenes Alter eine Pflege durch AngehoNrige wuNnschen. Auf die Frage, von wem sie gepflegt werden moNchten, antworteten 45“ ‡vom Ehepartnerh , 16“ ‡von Pflegern in einem Krankenhaus oder Altenheimh , 13“ ‡von der Tochterh , 8“ ‡von einem Home Helfer oder einer Hausschwesterh , 7“ ‡von der Schwiegertochterh und 6“ ‡vom Sohnh . Bemerkenswert ist hierbei, daƒÀ der Anteil der SchwiegertoNchter sehr gering ausfaNllt.

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@ c) Zur gegenwaNrtigen Lage der haNuslichen und institutionellen Versorgung AN lterer

@@@In Japan gibt es, grob unterteilt, drei Arten von Altenheimen. Erstens Altenpflegeheime fuNr Personen unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze, die Probleme mit dem alltaNglichen Leben oder der Wohnung haben, zweitens Altensonderpflegeheime fuNr bettlaNgerige und andere Personen, die familiaNr nicht angemessen gepflegt werden koNnnen, und drittens kostenguNnstige Altenheime fuNr Personen der niedrigen Einkommensklasse, die aufgrund des familiaNren Umfelds oder der WohnumstaNnde schwerlich in der Familie leben koNnnen. Die Zahl der Altenpflegeheime stieg zwischen 1975 und 1993 nur unwesentlich von 934 auf 947 (dort leben nun 64,579 Personen). An Altensonderpflegeheimen gab es 1975 539 (fuNr 41,606 Personen), 1993 jedoch 2,798 (fuNr 195,747 Personen), und die Zahl der kostenguNnstigen Altenheime stieg von 121 (fuNr 7,527 Personen) auf 376 (fuNr 19,313 Personen).
@@@AN lteren, deren familiaNre Pflege sich schwierig gestaltet, steht unabhaNngig von ihrem Einkommen die zweite Kategorie zur VerfuNgung : Die Anzahl solcher Heime wie auch die der Insassen ist gestiegen, aber sie entspricht bei weitem nicht dem Bedarf, so daƒÀ 1993 ungefaNhr 20,000 Personen auf der Warteliste fuNr eines dieser Heime standen.
@@@Weiterhin gibt es verschiedene haNusliche Betreuungsdienste : 1. den Hausschwesterndienst, 2. den Haushaltshilfedienst (Home Helper), 3. den Badedienst, 4. den Essensdienst, 5. den Leihdienst fuNr Behandlungs- und PflegegeraNte, 6. den Notalarmdienst, 7. die Nutzung von Tagesdienstzentren, welche Altenheimen angeschlossen sind (nur tagsuNber), 8. den Kurzaufenthaltsdienst (Kurzaufnahmen bis zu sieben Tagen), 9. den Informationsdienst und 10. Wohnungen fuNr AN ltere (mit Betreuung). In diesen Einrichtungen sind 69,000 Helfer taNtig. FuNr den Tagesdienst gibt es 3,453 Zentren und fuNr den Kurzaufenthalt 22,000 PlaNtze. All diese Zahlen, die sich auf das Jahr 1993 beziehen, sind rasch angestiegen.
@@@Erhebungen von 1991 zufolge koNnnen diese Dienste aber bei weitem nicht von allen in Anspruch genommen werden, die das moNchten. Am hoNchsten liegt die Rate noch bei der Kategorie 7 mit 29.1“. Die hoNchste reelle Nutzerzahl weist die Kategorie 1 mit 222,000 Personen auf, was aber nur einer Rate von 10.9“ entspricht. GruNnde fuNr die niedrigen Nutzerraten liegen auch darin, daƒÀ man die Nutzungsweise nicht kennt oder daƒÀ es in der NaNhe der eigenen Wohnung keinen Anbieter gibt. Grundlegend unbewaNltigt ist jedoch nach wie vor der Mangel an Einrichtungen dieser Dienste in absoluten Zahlen.

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2. Die Struktur, die die Versorgung und Pflege AN lterer durch FamilienangehoNrige ermoNglicht


@ a) Das NormenbewuƒÀtsein

@@@Viele AN ltere werden von Frauen gepflegt und moNchten dies auch. Gesellschaftlich ist das Denken stark verbreitet, daƒÀ Frauen als Ehefrau, Schwiegertochter und Tochter die AN lteren zu pflegen haben. Selbst die Sozialarbeit wird vor Ort von Frauen geleistet.
@@@Dahinter wirkt der EinfluƒÀ des in der Meiji-Zeit (Ende des 19. Jahrhunderts) geschaffenen Familiensystems und -bewuƒÀtseins und der damit verbundenen Idee von der‡ guten Ehefrau und weisen Mutter . Den Tatbestand, daƒÀ das Volk auch ohne Sozialversicherung mit Essen und Kleidung versorgt ist, erklaNrte man beispielsweise in diesem Familiensystem mit dem Brauch der gutherzigen gegenseitigen UnterstuNtzung. Auch im Recht war die Unterhaltsverantwortung der Verwandten in breitem MaƒÀe verankert, Blutsverwandte und Geschwister waren verpflichtet, fuNr den gegenseitigen Unterhalt zu sorgen. AuƒÀerdem gab es bei den Unterhaltsberechtigten eine Rangfolge : Zu allererst hatten die Nachkommen in direkter Linie ihre Eltern zu versorgen, wer immer auch dabei uNbergangen wurde. Hinsichtlich der Art und Weise bestand ein Wahlrecht des Unterhaltsverpflichteten, den Unterhaltsberechtigten bei sich aufzunehmen oder aber ihm die Lebenshaltungskosten zu zahlen. Bei Vorhandensein berechtigter GruNnde konnte auch das Gericht entsprechend den Forderungen des Unterhaltsberechtigten uNber die Methode be‚†‚‰ nden. Somit waren die Kinder fuNr ihre Eltern im Alter verantwortlich, und das BewuƒÀtsein der Allgemeinheit praNgte sich demzufolge dahingehend aus, daƒÀ der aNlteste Sohn, der die Nachfolge als Hausvorstand anzutreten hatte, fuNr die Eltern sorgt.
@@@Aber es war nicht der aNlteste Sohn, der die Pflegearbeit tatsaNchlich leistete. Dies tat seine Frau als Schwiegertochter. In den MoralkundelehrbuNchern der Elementarschulen der Meiji-Zeit‚†‚‰ ndet sich ein Kapitel uNber die Lebensweise der Frau. Darin heiƒÀt es : ‡Da Frauen, wenn sie erwachsen sind, in eine andere Familie [ ein anderes Haus] einheiraten und dem Ehemann folgen, den Schwiegereltern dienen und stets im Haushalt arbeiten, sollten sie vor allem folgsam und freundlich seinh , und weiter : ‡Hat die Frau einmal in die Familie des Ehemannes eingeheiratet, so muƒÀ sie diese als ihre eigene betrachten, die Pflichten kindlicher PietaNt gegenuNber den Schwiegereltern erfuNllen und bis zum Tode ihrem Mann gut dienenh . Durch die alltaNgliche Erziehung und Disziplinierung wurde als Norm verinnerlicht, daƒÀ die Frau des aNltesten Sohnes fuNr dessen Eltern zu sorgen hat.
@@@Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieses sich auf das ‡Haush stuNtzende Familiensystem abgeschafft. Es wurden allerdings Grundprinzipien hinsichtlich der FamilienangehoNrigen aufgestellt (˜ 725 j. BGB) und festgelegt, daƒÀ Ehepartner sowie Eltern und Kinder denselben Namen tragen (˜˜ 750, 790 j. BGB), des weiteren daƒÀ der aNlteste Sohn nach altem Brauch die Zeremonien fuNr die Ahnen uNbernimmt (˜ 897 j. BGB). Damit ist das Familien- bzw. HausbewuƒÀtsein in den KoNpfen der Menschen erhalten geblieben, selbst heute noch ist die Hochzeit von Kindern eine Hochzeit zwischen Familie X und Familie Y, so daƒÀ die Einladung fuNr die Feier im Namen der Eltern ausgesprochen wird, und ein Grab ist das Grab einer bestimmten Familie, in dem die AngehoNrigen in der Reihenfolge Vater, Mutter, aNltester Sohn, Frau des aNltesten Sohnes bestattet werden. Hinsichtlich des Unterhalts bestimmt das j. BGB, daƒÀ direkte Blutsverwandte sowie Geschwister zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet sind (˜ 877) und daƒÀ sich gemeinsam lebende Verwandte gegenseitig zu helfen haben (˜ 730). Damit existiert weiterhin die Norm, daƒÀ die Familie im weiteren Sinne als TraNger desselben Namens und gemeinsamer Zeremonien fuNr den gegenseitigen Unterhalt zu sorgen hat.
@@@Seit den sechziger Jahren wurde im Zuge des hohen Wirtschaftswachstums das System geschlechtlicher Arbeitsteilung verstaNrkt, das dem Mann die Erwerbsarbeit und der Frau den Haushalt zuteilt. Ein Unternehmen verschickte 1985 an die Ehefrauen seiner BeschaNftigten eine BroschuNre mit dem Titel ‡Die Hausfrau als HuNterin der Gesundheith , in der sich folgende SaNtze‚†‚‰ nden : ‡Wenn der Ehemann nicht anstaNndig arbeitet, stellen sich Probleme ein. Achten Sie also auf seine Gesundheit, damit er bei KraNften bleibt ! Die Hausfrau ist zustaNndig fuNr alle TaNtigkeiten zum Erhalt der Familie : Sie verwaltet das Haushaltsgeld, kuNmmert sich um jedes Familienmitglied, kocht, waNscht und putzt, ist also mit anderen Worten fuNr die gesamte Hausarbeit verantwortlich. Der Ehemann setzt dafuNr alle seine KraNfte am Arbeitsplatz ein, erzieht gesunde Kinder, traNgt Sorge fuNr die AN lteren . . .h
@@@Ein Fallbeispiel aus den achtziger Jahren : Weil der Mann an eine vom Wohnort der Familie weit entfernte Arbeitsstelle versetzt wurde, hatte sich die Frau allein um die Kinder zu kuNmmern und den erblindeten Schwiegervater zu pflegen. Durch das dreimal taNgliche FuNttern und das abendliche Baden war sie koNrperlich wie geistig voNllig erschoNpft. Als der Schwiegervater eines Tages ploNtzlich an einem Herzinfarkt starb, rief sie unwillkuNrlich ‡Hurra !h . Wenn die Eltern alt werden und allein nicht mehr leben koNnnen, muNssen die Kinder sie aufnehmen und sich um sie kuNmmern, da keine Institutionen existieren, die die Pflege uNbernehmen koNnnten. Kann der Mann diese Verantwortung nicht uNbernehmen, weil er beruflich zu stark eingespannt ist, so muƒÀ die nicht berufstaNtige Ehefrau, insbesondere die Frau des aNltesten Sohnes, diese koNrperlich wie geistig zermuNrbende Pflegearbeit leisten. In DoNrfern und KleinstaNdten mit vielen baNuerlichen Haushalten ist es oft noch so, daƒÀ der aNlteste Sohn das Land und die Wirtschaft erbt. Der Drei- oder Viergenerationen-Haushalt gehoNrt zum Standard, und die Konvention, daƒÀ die Schwiegertochter die Pflege uNbernimmt, ist stark verwurzelt. Nicht selten pflegen auch 70 jaNhrige Frauen ihre 90 jaNhrigen SchwiegervaNter.

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@ b) Das menschliche Auffangnetz

@@@DafuNr, daƒÀ nach dem Zweiten Weltkrieg trotz Abschaffung des alten Familiensystems weiterhin die Frau des aNltesten Sohnes die Altenpflege uNbernahm, lassen sich auch von der BevoNlkerungsstruktur her GruNnde anfuNhren. Im Zuge der Modernisierung aNndert sich die Struktur der Gesellschaft von einem Typ mit hoher Geburten- und Sterblichkeitsrate zu einem Typ, in dem beide Raten niedrig sind. Im Verlauf dieses Prozesses tritt jedoch eine Phase mit hoher Geburtenrate und niedriger Sterblichkeit auf. FuNr Japan faNllt diese in die Zeit der zwanziger bis zu den vierziger Jahren. AuƒÀerdem wurde waNhrend des Krieges unter der Losung ‡GebaNrt und vermehrt euch fuNrs Vaterland !h der Kinderreichtum gefoNrdert. Die damalige junge Generation lieƒÀ im Durchschnitt vier und mehr Kinder heranwachsen.
@@@Folglich haben diese Kinder viele Geschwister. An Dreigenerationen-Haushalten gab es 1960, 6.79 Mio. und dreiƒÀig Jahre spaNter, also 1990, 6.99 Mio., und obwohl deren prozentualer Anteil von 34.7“ auf 17.8“ gesunken ist, hat sich an der Anzahl kaum etwas geaNndert. Betrachtet man die Familienform bei den uNber 65 jaNhrigen, so ist der Anteil derjenigen, die mit ihren Kindern zusammenleben zwar von 69“ im Jahre 1975 auf 56.4“ im Jahre 1993 zuruNckgegangen, ihre Anzahl jedoch im Zusammenhang mit der Zunahme der aNlteren BevoNlkerung eher gestiegen von 7,397 Mio. auf 9,298 Mio. Personen. DemgegenuNber hat sich die Zahl der Kernfamilien von 11.79 Mio. auf 24.22 Mio. erhoNht. Diese Zahlenwerte sprechen dafuNr, daƒÀ der aNlteste Sohn und seine Frau mit den Eltern zusammenleben, waNhrend der zweite und dritte Sohn sowie die ToNchter in die Stadt gezogen sind und dort eine Kernfamilie gegruNndet haben. Das alte FamilienbewuƒÀtsein, daƒÀ der aNlteste Sohn mit den Eltern zusammenlebt und sich um sie kuNmmert und die Tendenz zur Kernfamilie lassen sich also vereinbaren. Die Vielzahl von Geschwistern ermoNglicht auch ein Netzwerk gegenseitiger Hilfe unter den Verwandten sowohl unter Schwestern bei der Kindererziehung als auch bei der Altenpflege, wenn Geschwister fuNr kurze Zeit ins Haus der Eltern zuruNckkehrten oder eine alleinstehende Schwester zu den Eltern zog. Gibt es nicht genuNgend gesellschaftliche Sozialeinrichtungen, so konzentrieren sich in der Kernfamilie alle Lasten- Haushalt, Kindererziehung und Pflege- auf die Frau, aber falls sie diese nicht mehr zu tragen imstande ist, kann sie auf das familiaNre Netzwerk gegenseitiger UnterstuNtzung zuruNckgreifen.

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@ c) Sozialpolitik : Zum Sozialstaat japanischen Typs

@@@Japan hat auch von der Politik her die Struktur aufrechterhalten, daƒÀ der aNlteste Sohn und seine Frau mit den Eltern zusammenleben und fuNr deren Unterhalt wie Pflege im Alter Sorge tragen. Vom Kriegsende bis zum Beginn des hohen Wirtschaftswachstums Anfang der fuNnfziger Jahre hatte man alle HaNnde voll zu tun, um mit Arbeitslosigkeit, Inflation und Lebensmittelknappheit fertig zu werden. Die Existenzgrundlage bildete die Landwirtschaft und die diese betreibende Familiengemeinschaft sowie die gegenseitige Hilfe in der Dorfgemeinschaft bzw. SozialmaƒÀnahmen der Unternehmen fuNr ihre BeschaNftigten, wie Wohnung, medizinische Versorgung, Versicherung, Hochzeit und Beerdigung, LebensunterstuNtzung, Kultur, VermoNgensbildung usw. WaNhrend des hohen Wirtschaftswachstums von Mitte der fuNnfziger bis Anfang der siebziger Jahre kam es zu einer Konzentration der BevoNlkerung in den StaNdten, zur ZerstoNrung der Dorfgemeinschaft, zur Kernfamilienbildung bei zweiten und dritten SoNhnen sowie zur verstaNrkten BerufstaNtigkeit von Frauen. Damit ging die Familienfunktion der gegenseitigen Hilfe insgesamt zuruNck. Die Sozialversicherung diente dem Ziel, diese Funktion wiederherzustellen. So wurden medizinische Versorgung und Renten fuNr alle BuNrger sichergestellt und auch die Zahl der KindertagesstaNtten stieg an, die Betreuung und Pflege AN lterer jedoch wurde faktisch durch die Dreigenerationen-Haushalte der aNltesten SoNhne abgedeckt. FuNr diejenigen, die keine derartige Familie besaƒÀen, schuf man Altenheime. Im Jahre 1970 lebten 79.6“ der aNlteren BevoNlkerung mit ihren Kindern zusammen.
@@@Anfang der siebziger Jahre gelangte Japan in eine Phase niedrigeren Wirtschaftswachstums und drosselte den Sozialversicherungshaushalt. Die Liberaldemokraten, damals Regierungspartei, betrachteten in ihren Richtlinien die Dreigenerationen-Familie mit ihrem japanspezi‚†‚‰ schen Gemeinschaftsgeist als die grundlegende Versorgungseinheit fuNr die gealterten Eltern und die heranzuziehenden Kinder. Im Wirtschaftsplan der Regierung fuNr den Zeitraum 1975-1980 heiƒÀt es, daƒÀ die Anhebung der Sozialleistungen nicht allein in den HaNnden der Regierung liege, sondern daƒÀ vielmehr die gegenseitige UnterstuNtzung wichtig sei, die auf der Rolle des Einzelnen, der Familie und des Unternehmens ebenso beruhe wie auf dem gesellschaftlichen und regionalen SolidaritaNtsgefuNhl. In diesem Zusammenhang wird die Dreigenerationen-Familie als gesellschaftliches VermoNgen eingeordnet. Diese Politik, die die Funktion der Familie als Ort gegenseitiger Hilfe betonte und die Sozialpolitik nur als deren ErgaNnzung verstand, hielt bis in die achtziger Jahre hinein vor.
@@@Die eingangs dargestellte gegenwaNrtige Lage von Unterhalt und Pflege AN lterer ist auf folgende Ursachen zuruNckzufuNhren : auf das geschilderte NormenbewuƒÀtsein, die BevoNlkerungszusammensetzung und die Sozialpolitik.

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3. Die Vergesellschaftung der Pflege und die Partnerschaft von Frau und Mann

@ a) Der strukturelle Wandel der Familie

@@@Die Kinderzahl von Ehepaaren, die 15 bis 19 Jahre verheiratet sind, liegt bei 2.2 und hat sich seit 1972 nicht veraNndert. Aber diese verheirateten MaNnner und Frauen sind auch mit der Pflege ihrer jeweiligen Eltern beschaNftigt und koNnnen kaum auf die Hilfe eines familiaNren Netzwerks zuruNckgreifen, denn mit der VerstaNdterung wird dieses immer schwaNcher.
@@@Des weiteren zeigt sich ein Wandel in der Lebensweise der Frauen, die ja bislang den Pflegedienst uNbernahmen. 1993 waren 19.97 Mio. Frauen berufstaNtig, was 38.6“ aller BeschaNftigten entspricht, und 57.8“ aller berufstaNtigen Frauen verheiratet. Aber 1994 gab es bei 37.9“ aller Ehepaare immer noch eine reine Hausfrau, waNhrend die BerufstaNtigkeit von Mann und Frau fuNr 49“ aller Ehepaare galt. Andererseits besuchten 45.9“ aller jungen Frauen ein Zwei-Jahres-College oder eine UniversitaNt und nur 40.9“ aller jungen MaNnner. 21“ dieser jungen Frauen studierten an einer UniversitaNt, womit sich die Rate in den vergangenen zwanzig Jahren verdoppelt hat, und es mehrt sich die Gruppe derjenigen, die nach dem AbschluƒÀ eine den MaNnnern vergleichbare Arbeitsposition anstreben.
@@@Diese Zahlen zeigen einerseits, daƒÀ es in Japan nach wie vor viele Familien mit Hausfrauen und folglich die MoNglichkeit zur familiaNren Pflege AN lterer gibt, lassen andererseits aber auch voraussehen, daƒÀ sich vor allem in der jungen Generation der Bildungsgrad und die BeschaNftigungsquote von Frauen erhoNhen und deren Streben nach wirtschaftlicher SelbstaNndigkeit zunimmt.
@@@Wenn das Familiennetzwerk nicht mehr funktioniert und Mann wie Frau berufstaNtig sind, wird es unmoNglich, AN ltere in der Familie zu pflegen. Betrachtet man zudem die Zunahme von ‡AltenmiƒÀhandlungenh und Krankheit der Pflegepersonen, dann erscheint die familiaNre Pflege weder fuNr den AN lteren noch seine Pflegeperson vorteilhaft.

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@ b) Die Vergesellschaftung des Pflegediensts

@@@Ende der siebziger Jahre begann man auch in Japan, fuNr die pflegebeduNrftigen AN lteren mehr Altensonderpflegeheime zu errichten und auf die haNusliche Pflege gerichtete Dienste wie Kurzaufenthalt, Tagesdienst und Hausbesuchsdienst, zu schaffen. Da diese aber weder qualitativ noch quantitativ ausreichten, wurde der sogenannte ‡Gold Planh aufgestellt, der hinsichtlich der haNuslichen und institutionellen Betreuung AN lterer Ziele formuliert, die noch im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts verwirklicht werden muNssen. Mit dieser10-Jahres-Strategie hat man die MaƒÀnahmen fuNr die Altenpflege konkretisiert.

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Tabelle 1 : Stand der Umsetzung der 10-Jahres-Strategie zur FoNrderung des Gesundheits- und Sozialwesens fuNr AN ltere
@@@@ (Golden Plan)

@ Golden Plan
Zielwert
Altensozialplan
Gesamtwert
Leistungen bis
1993
Neuer Gold
Plan Zielwert
Home Helper 100,000 168,000 69,000 170,000
Kurzaufenthalt
(PlaNtze)
50,000 60,000 22,000 60,000
Tagesdienst
(Anzahl der Zentren)
10,000 13,000 3,450 17,000
Altensonderpflegeheime
(Anzahl der Betten)
240,000 290,000 210,000 290,000

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@@@Wichtig am Inhalt dieser Konkretisierung ist, daƒÀ die Entsendung von Home Helpers, der Kurzaufenthalt und der Tagesdienst den gleichen Stellenwert wie die institutionelle Betreuung erhalten, und daƒÀ man die StaNdte und Gemeinden dazu veranlaƒÀt, einen Altensozialplan zu erstellen, um die Verwirklichung der Ziele ihrer jeweiligen Lage anzupassen. AuƒÀerdem wurden Gesetze zur Sicherstellung des Pflegepersonals geschaffen (so z. B. das Gesetz zur FoNrderung der Sicherstellung von Krankenschwestern und anderem Personal). Da jedoch aus den PlaNnen der einzelnen Kommunen deutlich wurde, daƒÀ die Gesamtzahl der landesweit benoNtigten Dienste den ersten Plan bei weitem uNberschreitet, hat man den ‡Gold Planh uNberarbeitet und das Zielniveau angehoben. Das ist der ‡Neue Gold Planh vom Dezember 1994. Mit diesem hat man sich zum Ziel gesetzt, ein System zu errichten, das allen PflegebeduNrftigen die MoNglichkeit gibt, die zum Erhalt ihrer SelbstaNndigkeit noNtigen Dienste in unmittelbarer NaNhe in Anspruch zu nehmen.
@@@AuƒÀerdem sind geplant : 10,000 Zentren zur UnterstuNtzung haNuslicher Pflege, die in unmittelbarer NaNhe Beratung und Anleitung durch FachkraNfte bieten, 5,000 Schwesternstationen fuNr Hausbesuche, bei denen der Schwerpunkt auf der haNuslichen Pflege bettlaNgeriger AN lterer liegt, sowie 100,000 PlaNtze in sogenannten BetreuungshaNusern, den kostenguNnstigen Altenheimen, die auf die Fortsetzung eines selbstaNndigen Lebens unter Zuhilfenahme von RollstuNhlen und Home Helpers hinfuNhren.
@@@Seit dem ‡Gold Planh liegt also der Schwerpunkt der Betreuung AN lterer auf den ‡haNuslichen Pflegedienstenh . Das Problem sind deren QualitaNt und QuantitaNt. Solange diese unzureichend bleiben, laNƒÀt sich die Struktur der Pflege durch FamilienangehoNrige nicht aNndern. So wurde beispielsweise als Richtlinie bei der Erstellung der AltensozialplaNne in den Kommunen folgendes MaƒÀ an Diensten fuNr daheim lebende AN ltere zum Ziel erklaNrt :

Wie dies im einzelnen zusammengestellt wird, ist den Kommunen uNberlassen, und diese haben bereits mit Planungen begonnen, welche haNuslichen Dienste sie woNchentlich anbieten koNnnen. So hat man beispielsweise in der Stadt Kawasaki den Zustand eines PflegebeduNrftigen in sechs Stufen und die PflegekapazitaNt der AngehoNrigen in vier Stufen unterteilt und einen insgesamt 24 stelligen Wochenplan ausgearbeitet. 

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Tabelle 2 : Richtlinie bei der Erstellung von AltensozialplaNnen auf kommunaler Ebene

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PflegebeduNrftige AN ltere
(BettlaNgerige, Geistesschwache)

Gebrechliche AN ltere

@Home Helper @3 bis 6 mal @1 bis 2 mal
@Tagesdienst @2 bis 3 mal @1 bis 2 mal
@Kurzaufenthalt @6 mal @1 bis 2 mal
@Funktionstraining @2 mal woNchentlich uNber einen Zeitraum von 6 Monaten
@Hauspflege @1 bis 2 mal woNchentlich
@HaNusliche Anleitung @6 bis 12 mal jaNhrlich

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In der Gemeinde Yabe/PraNfektur Kumamoto will man BettlaNgerigen, die allein leben und keine feste Pflegeperson haben, taNglich morgens und abends einen Pflegehelfer sowie an zwei Nachmittagen unter der Woche einen weiteren (u. a. zum Baden) schicken. DaruNber hinaus will man pro Woche neun Besuche einer Haushaltshilfe, einen Tagesdienst und zwei Besuche einer Hausschwester garantieren. Das Niveau dieser Leistungen reicht fast an eine Pflege rund um die Uhr heran. Es handelt sich dabei allerdings um Zielwerte, die man fuNr Ende 1999 anstrebt. Um im ganzen Land auf dieses Niveau zu gelangen, muƒÀ das Personal- und Kostenproblem geloNst werden.

@@@ In der im Dezember 1994 erschienenen Schrift ‡FuNr den Aufbau eines neuen Altenpflegesystemsh (Forschungsgruppe zum System der Pflege und SelbstaNndigkeitsfoNrderung AN lterer) geht man vom Grundgedanken der ‡SelbstaNndigkeitsfoNrderungh aus- naNmlich AN ltere dahingehend zu unterstuNtzen, daƒÀ sie ein auf ihrem eigenen Willen beruhendes selbstaNndiges Leben von hoher QualitaNt fuNhren koNnnen- und schlaNgt vor, die Pflegekosten uNber eine Sozialversicherung abzudecken. Dabei koNnnten die Dienste im Tausch fuNr die VersicherungsbeitraNge in Anspruch genommen werden, so daƒÀ sich der Nutzer dazu berechtigt fuNhlen kann und sein psychischer Widerstand gering ist. Der AN ltere zahlt seine VersicherungsbeitraNge, waNhlt nach eigenem Willen verschiedene Dienste aus und traNgt einen bestimmten Teil der Kosten. Allerdings muƒÀ hierbei auf Personen mit niedrigem Einkommen RuNcksicht genommen werden. AuƒÀerdem lassen sich mit den VersicherungsbeitraNgen allein nicht die gesamten Kosten abdecken, so daƒÀ auch oNffentliche Gelder hinzugezogen werden. Die VersicherungsbeitraNge, die NutzungsgebuNhren, der Anteil oNffentlicher Mittel, der Inhalt der Versicherungsleistungen usw. werden demnaNchst gepruNft. Da uNber einem gewissen Niveau liegende Dienste aber von den AN lteren selbst bezahlt werden, laNƒÀt sich absehen, daƒÀ es unter den privaten Versicherungs‚†‚‰ rmen zu einer Konkurrenz um diese zahlungsfaNhige Schicht im Hinblick auf die Dienstleistungen kommen wird.
@@@ Hinsichtlich der Kosten gibt es auch die Methode, auf oNffentliche Mittel zuruNckzugreifen, die sich aus den Steuergeldern speisen. Dies waNre moNglich durch eine verstaNrkte BeschaNftigung von Frauen und die ErhoNhung ihrer steuerlichen Belastbarkeit. Man sollte sich also bei der PruNfung von Varianten nicht auf die EinfuNhrung einer Sozialversicherung beschraNnken.

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@ c) Die Gleichstellung von Frau und Mann bei der Pflege

@@@ Wenn die Vergesellschaftung des Pflegedienstes nicht ausreicht, muƒÀ er von FamilienangehoNrigen geleistet werden. Und selbst wenn die Vergesellschaftung einen gewissen Grad erreicht hat, gibt es Menschen, die sich aus Liebe zu ihren Eltern fuNr eine bestimmte Zeit der Pflege widmen moNchten. Von den gegenwaNrtigen Arbeitsbedingungen her ist es denkbar, den bezahlten Urlaub fuNr die Pflege zu nutzen. Da das in der japanischen BeschaNftigungspraxis aber nicht als selbstverstaNndlich betrachtet wird, gibt es BeschaNftigte, die deswegen schlieƒÀlich ihren Beruf aufgeben. Erhebungen von 1992 zufolge gibt es 81,000 Menschen, die fuNr die Pflege ihre BeschaNftigung aufgegeben haben, wodurch das Problem einen groƒÀen EinfluƒÀ auf die Nachfrage nach ArbeitskraNften gewonnen hat. Von diesen NichtbeschaNftigten sind 10“ MaNnner und 90“ Frauen. Darin spiegelt sich wider, daƒÀ die familiaNre Pflege von den Frauen geleistet wird, aber damit verbindet sich auch die BefuNrchtung, daƒÀ Frauen ihre BerufstaNtigkeit abbrechen und die Unterschiede von MaNnnern und Frauen im Bereich der BeschaNftigung bestehen bleiben.
@@@ Von daher stellt die EinfuNhrung eines Pflegeurlaubssystems, das BerufstaNtigen die Beurlaubung zur Pflege von FamilienangehoNrigen juristisch sichert, eine wichtige Aufgabe dar. Dessen Verbreitungsrate betrug im Mai 1993 nur 16.3“. Zwar gibt es seit Juni 1995 ein Pflegeurlaubsgesetz, welches aber erst 1999 in Kraft treten wird. Daher wird es bis zu dessen vollstaNndiger Verwirklichung in allen Unternehmen noch einige Zeit dauern.
@@@ Ziel dieses Gesetzes ist es, zur Fortsetzung der BerufstaNtigkeit von Personen, die ihre AngehoNrigen pflegen, beizutragen, sowie Berufs- und Familienleben in Einklang zu bringen. Inhaltlich ruht es auf vier Grundpfeilern : 1. FamilienangehoNrige, fuNr deren Pflege Urlaub gewaNhrt wird, sind der Ehepartner, die Eltern, die Kinder, die GroƒÀeltern, insofern der oder die Betreffende fuNr den Unterhalt sorgt, sowie die Eltern des Ehepartners ; 2. der Urlaub umfaƒÀt eine Zeitdauer von laNngstens drei Monaten ohne Unterbrechung und wird einmal fuNr einen pflegebeduNrftigen FamilienangehoNrigen gewaNhrt ; 3. das Unternehmen kann keine Entlassungen aufgrund der Inanspruchnahme des Pflegeurlaubs vornehmen ; 4. fuNr einen Zeitraum von mehr als drei Monaten werden verkuNrzte Arbeitszeiten anerkannt, wenn kein Pflegeurlaub beantraNgt wird.
@@@ Voraussetzung dieses Systems ist, daƒÀ Frauen wie MaNnner Pflegeurlaub in Anspruch nehmen koNnnen ; in diesem Punkt, der die Pflege als gemeinsame Verantwortung von Mann und Frau faƒÀt, liegt seine Bedeutung. Gibt es jedoch keine Einkommenssicherung fuNr die Zeit des Urlaubs, werden ihn vor allem Frauen nehmen, da ihr Lohn niedriger liegt, und Alleinstehende darauf verzichten muNssen. Wenn die Zeit des Pflegeurlaubs z. B. im Hinblick auf GehaltserhoNhungen, BefoNrderungen, Rente und Ab‚†‚‰ ndung keine entsprechende BeruNcksichtigung‚†‚‰ ndet, werden nur sehr wenige MaNnner diesen Urlaub nehmen. Folglich ist zu befuNrchten, daƒÀ sich die gleichen Ergebnisse wie beim Erziehungsurlaub einstellen, der zu 99.2“ von Frauen genommen wird, so daƒÀ die Gleichstellung der Geschlechter hinsichtlich der Pflege nicht verwirklicht wird.
@@@ Statt die Pflege durch FamilienangehoNrige zeitlich in die LaNnge zu ziehen, sollte man eher nach dem dreimonatigen Pflegeurlaub die Arbeitszeit so weit reduzieren, daƒÀ sich Beruf und Pflege in Einklang bringen lassen und letztere unter Zuhilfenahme von Hausdiensten fortsetzen. Da aber die Lage des PflegebeduNrftigen sowie die jeweiligen FamilienumstaNnde sehr unterschiedlich sein koNnnen, sollte das Maximum des Urlaubs auf ein Jahr angehoben und dieser hau‚†‚‰ ger als einmal genommen werden koNnnen.
@@@ Auch hinsichtlich der institutionellen Pflegearbeit ist die Gleichstellung von Frau und Mann ein Problem : Diese Sozialarbeit wird fast ausschlieƒÀlich von Frauen geleistet. Nach Untersuchungen aus dem Jahre 1992 sind von den 17,399 Personen, die in der Krankenpflege oder Verwaltung von Alteneinrichtungen arbeiten, 88.3“ Frauen von den Angestellten, die in Altenheimen direkt mit der Pflege zu tun haben (HeimmuNtter), sogar 93“ Frauen.

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4. Die Aufgaben des Familienrechts

@ a) Unterhaltspflicht und Pflege

@@@ Wenn ein AN lterer nicht mehr allein leben kann, dann braucht er neben wirtschaftlicher UnterstuNtzung praktische Lebenshilfe, also Pflege. Im j. BGB der Meiji-Zeit war die Aufnahme des Unterhaltsberechtigten vorgesehen. Diese konnte auch vom Gericht angewiesen werden, wenn der Berechtigte sie einforderte. Mit der Revision des j. BGB nach 1945 verschwand diese Regelung und der Unterhalt wurde einfach auf die wirtschaftliche UnterstuNtzung begrenzt. Wenn ein AN lterer seine UrteilsfaNhigkeit verliert und entmuNndigt wird, dann wird nach ˜ 858 des j. BGB ein Vormund eingesetzt. Dieser hat sich entsprechend den Mitteln des EntmuNndigten um dessen Gesundheit und Pflege zu kuNmmern. UN ber diesen Paragraphen hinaus gibt es im j. BGB keine Bestimmungen, die eine Pflicht zur Pflege vorschreiben. Wenn ein AN lterer betreut werden moNchte, kauft er sich Pflegedienste oder nimmt einen Sozialpflegedienst in Anspruch und traNgt die Kosten selbst oder verlangt diese, wenn er sie nicht selbst bezahlen kann, vom Unterhaltspflichtigen. Eine Pflege als Unterhaltspflicht wird jedoch nicht mehr vorgeschrieben.
@@@ Das laNƒÀt sich auch so interpretieren, daƒÀ der Unterhaltspflichtige, wenn er den Unterhaltsberechtigten lieber zu sich nehmen moNchte als ihm‚†‚‰ nanzielle UnterstuNtzung zu geben, dies mit dem EinverstaNndnis des Unterhaltsberechtigten auch kann. Diese Methode der Unterhaltspflicht nachzukommen laNƒÀt sich nur mit dem EinverstaNndnis beider Seiten verwirklichen, da sie ja zusammen leben.
@@@ Nun gibt es aber seit Ende der siebziger Jahre, seit die alternde Gesellschaft zum Problem geworden ist, unter Wissenschaftlern Auffassungen, die die Pflege als inhaltlichen Bestandteil der Unterhaltspflicht verstehen, und manche fordern, dies auf die Schlichtung uNber die Familiensachen anzuwenden. NatuNrlich macht man das EinverstaNndnis des Betreffenden zur Bedingung, doch mit der Betonung der Unterhaltspflicht zwingt man die Pflege der AN lteren den FamilienangehoNrigen auf, und die haNuslichen Sozialdienste bleiben ebenfalls dabei stehen, die familiaNre Pflege einfach vorauszusetzen. HaNlt man jedoch die Vergesellschaftung der Pflegedienste und die Befreiung der Frau fuNr notwendig, so muƒÀ man die familiaNre UnterstuNtzungspflicht entsprechend ihrem urspruNnglichen Inhalt auf die wirtschaftliche UnterstuNtzung begrenzen.

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@ b) Die Anerkennung des Pflegediensts

@@@ Wenn eine FamilienangehoNrige haNusliche Pflege zur VerfuNgung stellt, dann hoNrt sie auf zu arbeiten oder nimmt Urlaub, arbeitet kuNrzer oder als Teilzeitkraft und bekommt nicht das Einkommen, das ihr eigentlich zugestanden haNtte. Werden diese Einkommensverluste nicht kompensiert, dann entstehen unter den Unterhaltspflichtigen Ungerechtigkeiten zwischen Personen, die pflegen und solchen, die es nicht tun.
@@@ Dieses Problem ist bislang noch nicht an die OberflaNche getreten, da die Pflege in vielen FaNllen von Ehefrauen, ToNchtern und SchwiegertoNchtern geleistet wird, die als Hausfrauen nicht fuNr EinkommenseinbuƒÀen entschaNdigt werden muƒÀten. Dennoch kommt es unter den Unterhaltspflichtigen zu einem GefuNhl der Ungerechtigkeit bei der Konfrontation mit den HaNrten der tatsaNchlichen Pflegearbeit. Mittlerweile gibt es die Auffassung, daƒÀ man die unbezahlte Pflegearbeit anerkennen und der Pflegeperson juristischen Schutz zukommen lassen sollte, denn durch sie eruNbrigen sich Ausgaben fuNr die Nutzung von Sozialdiensten, und der AN ltere kann sein VermoNgen zusammenhalten.
@@@ Um unter den Unterhaltspflichtigen die Gerechtigkeit zwischen Pflegeleistenden und Nichtleistenden zu wahren, koNnnte man einen entsprechenden Teil der Pflegekosten als Ausgleich von den anderen Unterhaltspflichtigen beanspruchen. Hinsichtlich von Erbschaften ist es moNglich, im Falle eines besonderen Beitrags zur Pflege diesen anzuerkennen und die Pflege bei der Aufteilung des Erbes zu beruNcksichtigen, selbst wenn sie nur schwer als ‡besonderer Beitragh gewertet werden kann.
@@@ Dies ist vor allem bei den SchwiegertoNchtern, die immer noch vorrangig mit der Pflege befaƒÀt sind, ein Problem. Denn als Ehefrau des Erben haben sie kein eigenes Erbrecht und somit sind sie hinsichtlich ihres Beitrags oder hinsichtlich der Aufteilung des Erbes auch nicht geschuNtzt. Ein juristischer Schutz birgt zwar die Gefahr in sich, die Pflege durch die Schwiegertochter zu forcieren, aber es muƒÀ anerkannt werden, daƒÀ man, angenommen es wurde ein Pflegevertrag geschlossen, fuNr die geleistete Pflegearbeit ein Honorar aus dem VermoNgen des Erben fordern kann. Als Kriterium fuNr dessen HoNhe koNnnte man die Nutzungskosten privater Sozialdienste zugrunde legen. Denn diese sind teuerer als das oNffentliche Sozialwesen und fuNhren zu der Einsicht, daƒÀ man dann vielleicht doch nicht auf die Schwiegertochter zuruNckgreifen muƒÀ.
@@@ Die Anerkennung von Pflegediensten wird auch im Zusammenhang mit dem Sozialwesen diskutiert. So wird beispielsweise in der schon erwaNhnten Schrift ‡FuNr den Aufbau eines neuen Altenpflegesystemsh unter dem Aspekt der Gerechtigkeit zwischen familiaNrer Pflege und Pflege durch aNuƒÀere Dienste gefordert, die wirtschaftliche Seite, also die mit der Pflege einhergehenden Ausgabensteigerungen, zu beruNcksichtigen und die Auszahlung einer bestimmten Geldsumme zu pruNfen. Man haNlt allerdings Vorsicht fuNr geboten, ob sich eine solche‚†‚‰ nanzielle Zuwendung auch tatsaNchlich mit einer angemessenen Pflegeleistung durch FamilienangehoNrige verbindet : Mitunter koNnnte es zur Verfestigung der familiaNren Pflege sowie zur Verschlechterung der Situation des AN lteren kommen. Von daher haNlt man es fuNr notwendig, beispielsweise eine Art UnterstuNtzungssystem zu schaffen : So koNnnte man FamilienangehoNrige ohne Pflegeerfahrung und -wissen ausbilden lassen, die Pflege auf einen Betreuungsplan stuNtzen und insgesamt uNberwachen sowie gegebenenfalls sofort auf aNuƒÀere Dienste ausweichen.
@@@ Es ist aber zu befuNrchten, daƒÀ die Zahlung eines solchen Pflegegeldes den Status quo des Pflegedienstes durch Frauen festigt, da fuNr Frauen diese TaNtigkeit aufgrund der dafuNr gezahlten VerguNtung an AttraktiviaNt gewinnen wuNrde. Der Pflegedienst besteht sowohl aus einem Teil, fuNr den Fachwissen und Erfahrung noNtig sind, als auch aus einem Teil alltaNglicher Betreuung. Ersteren sollte man den Spezialisten uNberlassen und zweiteren auf ein MaƒÀ begrenzen, das sich als Teil des eigenen Alltagslebens verkraften laNƒÀt. Eine Pflege, fuNr die das eigene Alltagsleben geopfert werden muƒÀ, entspricht eigentlich dem ersteren, und wenn man diese von einer FamilienangehoNrigen verlangt, dann sollte man diese auch als regulaNre Sozialarbeiterin beschaNftigen. WuNrde so etwas institutionalisiert, dann kaNme es nicht zu den zuvor dargestellten Problemen der Kompensationsforderungen zwischen Unterhaltspflichtigen oder gegenuNber Erben. In so einem Falle wuNrde die Kommune, die das Gehalt zahlt und den Pflegedienst anbietet, die Kompensationsforderungen an die Erben stellen (vgl. Abschnitt (3)). Das Pflegegeld fuNr Familien mag zwar eine Zeitlang fuNr die Frauen sinnvoll sein. Es kann aber nicht dem Problem begegnen, daƒÀ viele Frauen wegen der Pflege der Eltern ihren Beruf und damit zugleich ihre eigene Altersrente sowie ihre FaNhigkeit, im Alter Sozialleistungen zu bezahlen, aufgeben.

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@c) Der Zusammenhang mit den Kosten von Sozialleistungen

@@@ Im gegenwaNrtigen Sozialsystem ist es uNblich, Pflegekosten von einem bestimmten Kreis von Unterhaltspflichtigen zu erheben. Die RechtmaNƒÀigkeit dieses Vorgehens ist in der Diskussion, aber es versteht sich von selbst, daƒÀ dessen Voraussetzung die Unterhaltspflicht bildet, denn die Kosten traNgt hierbei eine andere Person als die, die den Pflegedienst in Anspruch nimmt. Eine Ausweitung dieses Vorgehens, bei dem trotz jeweils eigenstaNndiger LebensverhaNltnisse aufgrund der juristischen Unterhaltspflicht Pflegekosten erhoben werden, ist wegen der groƒÀen‚†‚‰ nanziellen Belastung des Unterhaltspflichtigen keineswegs erstrebenswert. Wie Beispiele in den Vereinigten Staaten und Frankreich gezeigt haben, besteht auch die MoNglichkeit, daƒÀ einige AN ltere lieber auf die Nutzung von Pflegediensten verzichten, wenn ihre Kinder dafuNr zur Kasse gebeten werden. Damit lassen sich Sozialleistungen fuNr AN ltere nicht erhalten. Folglich muƒÀ man die Kostenerhebung auf das VermoNgen der jeweiligen Person begrenzen.
@@@ In der besagten Schrift ‡FuNr den Aufbau eines neuen Altenpflegesystemsh wird in Bezug auf die Sozialdienste vorgeschlagen, eine Sozialversicherung einzufuNhren und der Schicht mit niedrigem Einkommen, der die Zahlung von VersicherungsbeitraNgen und NutzungsgebuNhren schwerfaNllt, diese zu erlassen und die Kommunen dafuNr einspringen zu lassen. Gleichzeitig wird die PruNfung eines Systems nahegelegt, das es erlaubt, die Zahlung dieser BeitraNge und GebuNhren vorzugsweise aus dem NachlaƒÀ des Betreffenden einzufordern.
@@@ Damit stellt sich das Problem der Gerechtigkeit zwischen jenen, die keine GebuNhren zahlen und deshalb ein groƒÀes VermoNgen hinterlieƒÀen, und jenen, die aufgrund von GebuNhrenzahlungen nicht viel hinterlassen konnten. Dieses Problem tritt selbst dann auf, wenn auf oNffentliche Gelder zuruNckgegriffen wird. In Frankreich verhaNlt es sich, auƒÀer bei SozialzuschuNssen fuNr Kinder, so, daƒÀ verursachte Kosten aus der Erbschaft eingezogen werden. Im Falle institutioneller Sozialleistungen koNnnen Kompensationsforderungen unbegrenzt gestellt werden, im Falle haNuslicher Betreuung nur ab einer Erbschaft von mehr als 250,000 Francs (ungefaNhr 5 Mio. Yen).
@@@ Zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit sollte man m. E. die AnspruNche gegenuNber Erbschaften ab einer bestimmten Grenze als Vorwegnahmerecht anerkennen.