RITSUMEIKAN LAW REVIEW No.16 March 2000


Umweltschutz durch Strafrecht in Japan
 
 

T. MATSUMIYA




1. @@@Wie ˜˜ 324ff. StGB und andere Gesetze in Deutschland gibt es auch in Japan viele Gesetze zum Umweltschutz : z. B. das allgemeine Gesetz zur BekaNmpfung von UmweltschaNden/Umweltverschmutzungen, das Gesetz zur Bestrafung der menschliche Gesundheit gefaNhrdenden UmweltschaNdigung, das Gesetz zur LoNsung des Konfliktes am Umweltschaden usw. Diese Gesetze wurden von 1967 bis 1970, also fruNher als in Deutschland, erlassen.

2. @@@Aber hinter diesen Gesetzgebungen verbergen sich viele jaNmmerliche Opfer. In einer kleinen Stadt, die Minamata heiƒÀt, wurden ab ca. 1955 durch organisches Quecksilber mehr als tausend Menschen getoNtet Hund uNber zehntausend verletzt. Organisches Quecksilber schaNdigt das Nervenzentrum deƒÀ Menschen so, das der Mensch verruNckt wird und stirbt. Auch danach noch kam es zu einer gleichen SchaNdigung bei der Stadt Niigata. (Die aNhnliche FaNlle erleben wir jetzt im Amazonasgebiet.) In Toyama in Japan wurden viele Menschen durch Kadmium getoNtet oder verletzt. All diese Schwermetalle waren von einigen groƒÀen Fabriken in GewaNsser eingeleitet worden. Menschen, die Fische und Muscheln aus diesen GewaNssern oder den Reis aus der verunreinigten Gegend gegessen hatten, erkrankten.

3. @@@Aber der Staat und die Regionalverwaltungen trafen zu spaNt die noNtigen MaƒÀnahmen, denn damals ging in Japan die Wirtschaft dem Umweltschutz vor. Das Leben des Menschen stand sogar hinter der Wirtschaft zuruNck. Die wahre Ursache wurde zunaNchst verheimlicht. Es gibt eine Episode : In der Fabrik in Minamata fand ein Experiment statt, bei dem man einer Katze Fressen, das mit Wasser aus der Fabrik begossen wurde, gab. Die Katze wurde infolge dessen krank, wie man erwartet hatte. Aber das Ableiten der AbwaNsser wurde nicht eingestellt. Das Ergebnis des Experimentes wurde der BevoNlkerung verschwiegen. Wer Anspruch auf den Stopp der AbwaNsser und auf Schadenersatz erhob, wurde fuNr einen NoNrgler gehalten. Eines Tages wurde ein Patient, der gegen das entsprechende Unternehmen protestiert und mit dem Personal eine SchlaNgerei gehabt hatte, wegen KoNrperverletzung angeklagt, waNhrend das Personal nicht zur Verantwortung gezogen wurde. Die RechtsanwaNlte des Patienten behaupteten, beilaNu‚†‚‰ g gesagt, daƒÀ die Staatsanwaltschaft ihre Anklagebefugnis miƒÀbraucht habe, und das Gericht stellte den ProzeƒÀ ein. Aber der ProzeƒÀ hatte bis dahin ca. 8 Jahre gedauert. (Die Theorie vom MiƒÀbrauch der Anklagebefugnis wurde in Japan uNbrigens zum erstenmal von einem Professor meiner UniversitaNt entwickelt.)

4. @@@Der PraNsident des Unternehmens und der Leiter der Fabrik in Minamata waren in der Zwischenzeit wegen fahrlaNssiger ToNtung und Verletzungen angeklagt worden, denn die Patienten hatten gegen sie Strafantrag wegen Totschlags gestellt und die Kritik an der Haltung der Regierung war immer staNrker worden. Die Staatsanwaltschaft fand es dennoch unmoNglich, den Vorsatz des Totschlags zu erweisen. Aber hierbei gab es tatsaNchlich einige Probleme. Die VerjaNhrungsfrist der fahrlaNssigen ToNtung betrug drei Jahre, und die Verantwortlichen wurden erst 1975 angeklagt, 15 Jahre nach dem Vorfall. Zu diesem Zeitpunkt war auch das Ableiten der AbwaNsser aus der Fabrik schon 15 Jahre lang eingestellt. Normalerweise waNre die Anklage verjaNhrt gewesen. Aber es gab einen Patienten, der kurz vor Erhebung der Anklage gestorben war. Ohne ihn haNtte der ProzeƒÀ nicht stattgefunden. AuƒÀerdem gab es noch ein Problem. Dieser Patient war als Embryo krank geworden, kam daher bereits schwerbehindert auf die Welt und starb mit 12 Jahren. Schon vor seiner Geburt war die EntwaNsserung zu Ende gewesen. Die Angeklagten hatten nicht einen Menschen getoNtet, sondern nur einen Embryo verletzt, und die fahrlaNssige Verletzung eines Embryos ist in Japan noch keine Straftat, anders als in Deutschland. Das Gericht nahm jedoch wiederum im Unterschied zu Deutschland- die fahrlaNssige ToNtung an. Das begruNndete es folgendermaƒÀen : Da ein Embryo ein Teil des KoNrpers seiner Mutter sei, haben die Angeklagten einen Menschen verletzt, und da der Patient ein Mensch gewesen sei, als er starb, und die Ursache seines Todes auf die Handlungen der Angeklagten zuruNckgehe, haben sie einen Menschen getoNtet. Das war ein TrugschluƒÀ, den nicht einmal ein Kind von 6 Jahren akzeptiert haNtte. Manche Autoren befuNrchteten eine Krise des Rechtsstaatsprinzips. Ich halte es fuNr eine Folge der verspaNteten MaƒÀnehmen seitens der Regierung.

5. @@@Andererseits wurden die Gesetze zum Umweltschutz nicht so haNu‚†‚‰ g angewandt, wie man es zunaNchst erwartet hatte. Man kann sogar Stimmen aus der Finanzwelt hoNren, daƒÀ die Probleme der UmweltschaNdigungen nun vorbei seien. Die BehoNrde fordert von den Unternehmern nicht so streng, sich an die Umweltschutzstandards zu hatten, denn sie geht davon aus, daƒÀ zu strenge Forderungen die Beziehung zu den Unternehmern belasten und daher eine glatte Verwaltung stoNren. Wichtig beim Umweltschutz ist also nicht nur die Gesetzgebung, sondern auch die Einstellung desjenigen, der die Gesetze anwendet.